Der Start in den Journalismus: Studium, Praktikum, Volontariat

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Und wie war's? Wir fragen Journalisten, wie ihr Studium, Praktikum oder Volontariat verlaufen ist. Diesmal erzählt der freie Journalist Lukas Latz aus Berlin von seiner ZEIT-Hospitanz, die er im Sommer 2017 absolvierte. 

Erzähl uns von dem Auswahlverfahren. 

Ich habe mich Anfang 2017 über das Bewerbungsportal vom ZEIT-Verlag fürs Politik-Ressort in Hamburg beworben. Nach ein paar Wochen kam die Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ich war mächtig nervös und habe mich darauf vorbereitet, dass man mich über die großen geopolitischen Fragen der Gegenwart ausfragt. Ich hätte ein Referat darüber halten können, ob Deutschland Atomwaffen braucht. 

praktikum im journalismus

Und wie lief das Vorstellungsgespräch ab? 

Ganz normal, ohne die üblichen Bewerbungsfloskeln. Der Ressortleiter Bernd Ulrich tat zeitweise so, als ob ich der klügste Mensch wäre, der je in seinem Büro gesessen hat. Die beiden Redakteure, die das Gespräch führten, fragten mich über Themen, bei denen sie davon ausgehen konnten, dass ich mitreden konnte. Ein paar Fragen („Sind Sie linksradikal?“) zielten darauf ab, mich zu provozieren. Am Ende besprachen sich die Redakteure für circa 30 Sekunden – dann sagten sie mir zu. Einen Monat später konnte ich anfangen. So läuft es aber nicht bei allen: Andere erzählten, dass sie in einem anderen Ressort gelandet sind als in dem, für das sie sich beworben haben. Auch der Zeitraum zwischen Bewerbungsgespräch und Starttermin war oft deutlich länger, teilweise über ein Jahr. Einige sind über Kontakte zu der Hospitanz gekommen. 

Es ist also sinnvoll, seine Kontakte zu nutzen?

Ich glaube schon. Auch ein indirekter Kontakt kann eventuell schon Türen öffnen. Es gehört aber auch Glück dazu, dass man letztlich dort landet. 

Was hast du als Gehalt bekommen?

Einen Betrag, mit dem ich in Hamburg die Miete für mein WG-Zimmer bezahlen konnte. Viel mehr aber nicht. Ohne die finanzielle Unterstützung von Papi hätte ich das nicht machen können. Die Arbeitszeiten lassen es aber im Prinzip zu, an einem oder anderthalb Tagen unter der Woche nebenher zu arbeiten. 

Was durftest du machen?

Alles und nichts. Gerade zu Beginn saß ich oft teilnahmslos daneben. Es war aber auch spannend, einfach nur zuzugucken, wie die Zeitung gemacht wurde. Später war ich an Recherchen beteiligt, vor allem zu Flüchtlingen und zu Polen.

Und hast du auch selbst etwas geschrieben? 

Ich habe wenig geschrieben (circa fünf Artikel, meistens für online). Aber das, was ich geschrieben habe, fand ich selber auch gut. Ich hatte viel Zeit dafür und ich bekam von vielen Redakteuren Feedback.

Was hat dir besonders gut gefallen?

Mir persönlich hat es immer viel Spaß gemacht, Texte mitzuredigieren. Die Leute interessieren sich immer sehr für die Meinung von Außenstehenden. Meine Vorschläge und meine Kritik wurden immer sehr ernst genommen.

Und was war schlecht?

Nicht so viel. Das teilnahmslose Danebensitzen kann am Anfang nerven, aber man kann auch schnell lernen, das Beste daraus zu machen. Manchmal fühlte ich mich in den Redaktionssitzungen ziemlich dumm. Ich dachte, dass ich am Wochenende und nach Feierabend noch tausend Hintergrundtexte aus der New York Times lesen muss, um aufzuholen. Wahrscheinlich hätte es mir besser getan, wenn ich am Wochenende höchstens noch den Spiegel gelesen, etwas mehr Kontakt zu normalen Menschen gesucht und den Hamburger Sommer zumindest so weit genossen hätte, wie man den Hamburger Sommer halt genießen kann.

ZEIT-Redaktion

Weitere Tipps für zukünftige Hospitanten? 

Besonders nützlich ist man für die Redaktion, indem man die Ausgabe sehr genau liest, um sich dann an der Blattkritik zu beteiligen. Vielleicht noch ein Tipp: Man sollte nicht so tun, als wüsste man alles, und versuchen, den anderen Redakteuren die Welt zu erklären. Man sollte sich aber auch nicht davon einschüchtern lassen, dass die Kollegen mehr Erfahrung haben. Gerade als Mann denkt man ja oft, man müsste so tun, als wüsste man über alles Bescheid. Selbst wenn man mansplaining in der Theorie Scheiße findet, heißt das nicht, dass man es nicht trotzdem tut. Man sollte sich aber ruhig trauen, eine Menge naiver Fragen an die Redakteure zu stellen. 

Was hast du sonst noch gelernt?

Sehr viel. Bevor ich da angefangen habe, hatte ich keine Ahnung von Politik-Journalismus. Das Praktikum hat mir einen ganz guten ersten Einblick gegeben. Durch das Praktikum weiß ich jetzt besser, worüber und wie ich in Zukunft gerne schreiben würde. Auch mein journalistisches Ethos wurde nachhaltig geprägt: In der Redaktion gilt zum Beispiel, dass Redigieren und Feedback für andere eine mindestens genauso wichtige Aufgabe ist wie Schreiben. 

Die ZEIT konnte aber auch umgekehrt von dir lernen?

Richtig: Bei meinem Abschlussgespräch sagte der Ressortleiter, dass ich der erste Mitarbeiter der ZEIT gewesen sei, der in kurzen Hosen zur Arbeit gekommen war. Zur Liberalisierung der Kleiderordnung in der Redaktion beizutragen ist wahrscheinlich mein größtes Verdienst.

Würdest du die Hospitanz weiterempfehlen?

Ja. Selbst dann, wenn man nicht alles gut und aufregend findet, was in der ZEIT steht. In wenigen anderen Redaktionen hat man so viel Zeit und Ressourcen, um an einem Text zu arbeiten. Und ich glaube, es gibt in Deutschland kaum eine andere Redaktion, die so viel Freude daran hat, jede Woche auf 14 Seiten die Welt erklären zu dürfen.

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