Eigene Plattform statt Massenmedien: Wie Bianca Jankovska sich das Schreiben bezahlen lässt

Foto: Melanie Ziegel

Foto: Melanie Ziegel

Ein Job in den Medien, das war einmal ihr Traum. Mit der Aussicht darauf gründete Bianca Jankovska vor vier Jahren den Blog Groschenphilosophin. Nachdem sie als Redakteurin und freie Autorin für verschiedene Medien geschrieben hat, setzt sie vor allem auf ihre eigene Plattform – und lässt sich von ihrer Community bezahlen. Allen, die sich im klassischen Journalismus nicht wohlfühlen, empfiehlt sie: Selbermachen. 


Worum geht’s auf deinem Blog und wie viel Arbeit macht das im Monat? 

Die Groschenphilosophin wurde 2014 gegründet und ist ein kritischer Lifestyle-Blog für alle Outsider, Introverts & Badasses mit monatlichem Newsletter und regelmäßigen Insta-Storys zum Thema Modern Work Life. „Haltung statt Interior-Porn!“ lautet das Motto. Damals bei der Gründung war ich noch Studentin und wollte die Inhalte aus meinem Studium der Politik und Publizistik poppiger und niederschwelliger für die Nachwelt aufarbeiten. Ich führte Interviews, verfasste Rezensionen und Kommentare. Heute, vier Jahre später, hat sich der Inhalt natürlich an meine Lebenssituation angepasst. Die Themenschwerpunkte sind dennoch ähnlich geblieben: Popkultur genießt immer noch einen hohen Stellenwert. Und natürlich „dieses Internet“, allen voran Instagram, und was auf der Plattform hinter den Kulissen passiert. Ungefähr sechs bis acht volle Tage investiere ich in den Blog.

Dein Newsletter heißt „Badass by Nature“ und im Januar kommt der gleichnamige Podcast. Was ist ein Badass?

Ein Badass ist für mich jemand, der unfuckwithable ist. Der sich gewisse Dinge nicht gefallen lässt. Dem seine Integrität wichtiger ist, als jemandem in den Arsch zu kriechen. Schon verrückt, dass man als rational und selbstbestimmt agierende Person als „badass“ oder „kontrovers“ gelabeled wird. Keiner meiner Freunde würde mich je so nennen, diese Bezeichnungen kommen meist von außen. Also ja, dieses ganze Badass-Ding ist scheinbar in der kuscheligen DACH-Region eine absolute Nische. Und ich sehe noch keine andere Webseite, die das so bedient wie ich. Keiner traut sich, öffentlich den „Nein“-Sager zu geben (lacht). 

Warum hast du dich entschieden, dich auf Steady anzumelden? 

Ich wurde von Steady angeschrieben, ob ich ihr Konzept nicht mal probieren möchte. Das kam mir gelegen, da ich schon länger Bedenken dabei hatte, meinen Content „einfach so“ im Internet zu verballern. Ich habe lange studiert, inzwischen auch einige Jahre an journalistischer Erfahrung und einen sehr hohen Anspruch an meine Arbeit. Die wollte ich nicht länger verschenken. Mit dem Erreichen der ersten Steady-Schwelle – 400 € monatlich – konnte ich mir den Aufwand für den Newsletter und das Essay entschädigen, die ich monatlich verschicke, wobei selbst das an meinem normalen Stundensatz gemessen zu wenig ist, vor allem, wenn man die Extraarbeit für User-Feedback miteinberechnet. Aber es ist ein Anfang, um hineinzuschnuppern und zu sehen, wie sich die Dynamiken mit meiner Community ändern, sobald ich sie um Geld bitte. 


Wie hat es sich für dich angefühlt, deine Community um Geld zu bitten? 

Wir leben immer noch in Deutschland (lacht). Das heißt, dass es viele Menschen leider gar nicht einsehen, für geistige und emotionale Arbeit im Internet zu bezahlen, die sie „ohnehin bekommen“ und sich sogar angegriffen fühlen, wenn man ihnen aufzeigt: „Hey! Ich kann euch diese kleine Spielwiese nicht für immer kostenlos anbieten, nur, weil sie schön aussieht. Da steckt Schweiß, Arbeit, Wissen und ganz viel Liebe drin.“ Als Erstes muss man als Paid-Content-Produzentin also eine Art Verhandlungsbasis schaffen, auf der man seine Follower von den Vorteilen einer Mitgliedschaft überzeugt. Kommunikation ist key. Denn zwei Drittel derer, die sich im Internet über Politik informieren, sind grundsätzlich nicht bereit zu zahlen – das zeigt eine Untersuchung des Allensbacher Institutes für Demoskopie. Nur einem knappen Drittel der repräsentativ Befragten war klar, dass den Machern durch das kostenlose Angebot von Artikeln im Internet Geld fehlt, um guten Journalismus (in meinem Fall: Content) zu finanzieren. Und auch die Steady-Macher geben an, dass in der Regel nur fünf Prozent der Community bereit sind, Geld zu geben. Es ist also schon ein hartes Pflaster – und es trennt die Spreu vom Weizen. Die positiven Aspekte überwiegen dennoch. Es ist schön, zusätzlich zum abgeschlossenen Abo wertschätzende E-Mails zu bekommen. Da geht mir das Herz auf. Da weiß ich, warum ich das tue, was ich tue. 

Aktuell hast du über 200 Abonnenten, die dich monatlich mit mehr als 700 Euro unterstützen. Ich glaube, das kann man als absoluten Erfolg bezeichnen. 

Ein Grund für die steigenden Abos ist sicherlich die Paywall, die ich vor zwei Monaten eingeführt habe. Hinter der verstecken sich mindestens einmal pro Monat Artikel, die in der Medienlandschaft fehlen. Umso erstaunter bin ich, dass meine Strategie so schnell aufgegangen ist. 2019 werde ich noch mehr auf Paid Content setzen, den aufwändigen Newsletter gibt es zu Monatsanfang dann auch nur noch für Unterstützer, mit dem Podcast plane ich Ähnliches. Mir geht es nicht darum, eine große Masse zu erreichen, sondern lieber qualitativ hochwertigen und notwendigen Content für meine Zielgruppe zu produzieren.

Wie verdienst du außerdem noch dein Geld?

Ich arbeite auch als Dozentin für neue Medien für Universitäten, aktuell zum Beispiel an der HU und bin auch mit anderen Instituten im Gespräch fürs neue Jahr. Die politische Dimension des Internets interessiert mich sehr. Außerdem arbeite ich als Social-Media-Konzepterin und Strategin für verschiedene Auftraggeber.

Seit du Groschenphilosophin gegründet hast, warst du ein Jahr lang als Redakteurin festangestellt und hast als Freie für verschiedene Medien geschrieben. Was hat dir dabei gefehlt und warum hast du einen anderen Weg gewählt?

Ich glaube, Crowdfunding, wie ich und einige andere es machen, ist eine Antwort auf die hiesigen Arbeitsverhältnisse, die viele Medienproduzentinnen nicht mehr hinnehmen möchten. Davon handelt auch mein erstes Buch „Das Millennial-Manifest“, das gerade bei Rowohlt erschienen ist. Viele haben keine Lust mehr, in die Taschen anderer zu arbeiten und nehmen dann lieber das Risiko einer Crowdfunding-Kampagne in Kauf, als noch länger rund um die Uhr zu scheffeln und hinterher – nach dem Auslaufen des Vertrags oder einer Kündigung – wieder mit nichts dazustehen. 

Was genau hat dich an den Arbeitsverhältnissen gestört?  

Bianca Jankovska Passion Project

Klassischer Journalismus inklusive Festanstellung wird an der Uni immer als das Nonplusultra verkauft. Dabei gibt es ganz, ganz viele, das merke ich auch an den E-Mails und DMs, die ich bekomme, für die straffe Strukturen, Hierarchien und oft langwierige Redigaturprozesse einfach nicht das Richtige sind, weil sie die Kreativität behindern. Ich finde es schade, dass independent publishing in Deutschland noch sehr skeptisch beäugt wird. Das liegt vielleicht auch daran, dass sich viele gar nichts anderes vorstellen können als den Status Quo als Redakteur in einem großen Haus mit Prestige. 

Was würdest du Autoren und Medienschaffenden empfehlen, die gerade noch am Anfang sind und ebenfalls gerne vom Crowdfunding leben würden? 

Es ist okay, nicht in eine Schublade zu passen. Hör auf, dich schlecht zu fühlen, nicht dazuzugehören. Denn: Willst du das überhaupt? Es gibt nichts Besseres, als sich darüber bewusst zu werden, was man möchte – und was nicht. Dahingehend eine Entscheidung zu treffen, kann sehr befriedigend sein. Das Volo oder das Praktikum im klassischen Betrieb kann für manche super passen, für andere hingegen wäre es meiner Meinung nach besser, gleich zu Beginn mehr Mut zu haben und sich an die Verwirklichung des eigenen Passion Projects zu setzen.

Finde Bianca auf: Instagram